Betriebliches Eingliederungsmanagement Schwerbehinderter

Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich und haben dementsprechend alle Anspruch auf den gleichen Schutz und die gleichen Vorteile durch das Gesetz. Das gilt selbstverständlich auch für Menschen mit Behinderungen. Schwerbehinderte haben somit wie alle anderen Menschen auch das Recht auf volle Teilhabe am beruflichen Leben. Unternehmen sind folglich dazu verpflichtet, ihren Angestellten umfassende Habilitations- und Rehabilitationsdienste anzubieten. Dadurch sollen Schwerbehinderte frühzeitig den Weg zurück ins Arbeitsleben meistern und zu einer möglichst selbstständigen und selbstbestimmten Lebensführung fähig sein. Das ist in Artikel 26 der UN-Behindertenrechtskonvention beschrieben. In Deutschland bildet das Neunte Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) die Grundlage für das Rehabilitations- und Teilhaberecht. Es macht u.a. Angaben zum betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM), das das Ziel verfolgt, die Arbeitsunfähigkeit der Betroffenen möglichst schnell zu überwinden.

Behinderung
Schwerbehinderte Personen haben genau wie alle anderen Menschen auch das Recht auf berufliche Teilhabe.

Betriebliches Eingliederungsmanagement: Arbeitsunfähigkeit erfolgreich überwinden

§ 167 Abs. 2 SGB IX verpflichtet Arbeitgeber dazu, für alle Beschäftigten, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen arbeitsunfähig sind, ein betriebliches Eingliederungsmanagement zu veranlassen. Das gilt auch für Angestellte ohne Behinderung und dient nicht nur der schnellen Integration des Beschäftigten in den gewohnten Arbeitsalltag. Darüber hinaus soll einer erneuten Arbeitsunfähigkeit rechtzeitig vorgebeugt und die Gesundheit der gesamten Belegschaft geschützt werden.

Das betriebliche Eingliederungsmanagement umfasst sämtliche Maßnahmen, die darauf abzielen, den Arbeitsplatz des Betroffenen trotz längerer Arbeitsunfähigkeit zu erhalten. Das bietet nicht nur dem Beschäftigten, sondern auch seinem Vorgesetzten zahlreiche Vorteile. So dient das betriebliche Eingliederungsmanagement dazu, krankmachende Faktoren am Arbeitsplatz frühzeitig zu identifizieren und zu eliminieren. In der Folge wird der Betrieb weniger Arbeitsausfälle verzeichnen können. Das verbesserte Betriebsklima wirkt sich ferner unmittelbar auf Gesundheit und Wohlbefinden der Mitarbeiter aus. Diese sind motivierter und leistungsfähiger, was zu insgesamt höherer Produktivität führt. Die Arbeitskräfte bleiben über viele Jahre hinweg arbeitsfähig, was gerade in Zeiten des demografischen Wandels immer wichtiger wird.

Die Vorgehensweise des BEM orientiert sich immer an den betrieblichen Gegebenheiten und basiert auf einem individuell auf den Betrieb zugeschnittenen Konzept. In einem Großkonzern wird dieses zwangsläufig anders aussehen als in einem mittelständischen Unternehmen oder einem kleinen Betrieb mit nur wenigen Mitarbeitern. Am Anfang des betrieblichen Eingliederungsmanagements steht immer die Kontaktaufnahme vom Arbeitgeber zum Betroffenen. In einem klärenden Gespräch legt er dem Angestellten die Grundzüge und Ziele des BEM dar und holt die Einwilligung zur Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements ein. Im weiteren Verlauf klärt der Arbeitgeber gemeinsam mit dem Betroffenen und den verantwortlichen Stellen, mit welchen Mitteln die schnelle Rückkehr in den Betrieb gefördert werden kann und ob das Arbeitsumfeld entsprechend angepasst werden muss. Zuständig sind hier neben internen Stellen wie Personalrat und Betriebsarzt auch externe Partner, z.B. Unfallversicherungsträger, Krankenkassen und die Agentur für Arbeit.

BEM für Schwerbehinderte: Den Wiedereinstieg auch unter schwierigen Bedingungen meistern

Das betriebliche Eingliederungsmanagement richtet sich nicht nur, aber auch an Menschen mit Behinderungen. Der wesentliche Unterschied zwischen den verschiedenen Personengruppen besteht darin, dass bei Schwerbehinderten zusätzliche Stellen in das betriebliche Eingliederungsmanagement einbezogen werden, nämlich die Schwerbehindertenvertretung des Unternehmens sowie das Integrationsamt und der Integrationsfachdienst als externe Partner. § 164 Abs. 4 SGB IX räumt Schwerbehinderten den Anspruch auf eine Beschäftigung ein, die ihren Kenntnissen und Fähigkeiten weitgehend entspricht. Im Rahmen des BEM sind Arbeitgeber folglich dazu verpflichtet, Mitarbeitern mit Behinderungen eine geeignete Beschäftigungsmöglichkeit im Betrieb zu suchen. Dabei können Betroffene sowohl mit der Durchführung leichterer Arbeiten als auch von Arbeiten, die mit einer Beförderung einhergehen, betraut werden, wenn diese sich besonders für deren spezielle Situation eignen. Der Arbeitnehmer hat jedoch keinen Anspruch auf einen Arbeitsplatz, der genau seinen Wünschen entspricht. Sind die Einsatzmöglichkeiten im Betrieb aufgrund der Schwerbehinderung stark eingeschränkt, ist es ggf. sogar nötig, dem Betroffenen einen geeigneten Teilzeitarbeitsplatz anzubieten.

Nur wenn es dem Arbeitgeber auch ohne Durchführung von betrieblichen Veränderungen nicht möglich ist, dem Schwerbehinderten weiterhin Beschäftigung zu bieten, ist eine krankheitsbedingte Kündigung möglich. Das betriebliche Eingliederungsmanagement dient dabei als wichtiges Instrument im Kündigungsverfahren. Zwar ist bei Nichtbeachtung des BEM mit keinen Strafzahlungen zu rechnen. Das bringt aber durchaus Nachteile für den Arbeitgeber mit sich, da sich die Darlegungs- und Beweislast in dem Fall zulasten des Arbeitgebers verschiebt. Dieser muss folglich genau darlegen, warum eine Weiterbeschäftigung des schwerbehinderten Mitarbeiters für den Betrieb unzumutbar wäre.

Schwerbehindertenvertretung
Die Schwerbehindertenvertretung ist in Betrieben mit mindestens fünf schwerbehinderten oder gleichgestellten Arbeitnehmern Pflicht. Sie ist in alle Entscheidungen rund um die schwerbehinderten Personen im Unternehmen einzubeziehen.

Schwerbehindertenvertretung: Die Interessenvertretung schwerbehinderter Arbeitnehmer

Der Schwerbehindertenvertretung kommt zentrale Bedeutung im betrieblichen Eingliederungsmanagement zu. Sie ist die gewählte Interessenvertretung der schwerbehinderten Arbeitnehmer und in Betrieben, die fünf oder mehr Schwerbehinderte beschäftigen, Pflicht. Aufgabe der Schwerbehindertenvertretung ist es, die Teilhabe schwerbehinderter oder gleichgestellter Personen am Arbeitsleben zu fördern und ihre Interessen aktiv zu vertreten. Im Umgang mit schwerbehinderten Beschäftigten hat die Schwerbehindertenvertretung ein Mitwirkungsrecht. Das heißt, dass sie in allen Entscheidungen bzgl. schwerbehinderter Arbeitnehmer einbezogen und angehört werden muss. Davon sind u.a. das betriebliche Eingliederungsmanagement und das Kündigungsverfahren betroffen. So ist die Kündigung eines schwerbehinderten Mitarbeiters gemäß §178 Abs. 2 SGB IX sogar unwirksam, wenn der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung nicht in seine Entscheidung mit einbezogen hat.

Die Arbeit in der Schwerbehindertenvertretung erfordert neben besonderem Einfühlungsvermögen und Geschick auch fundiertes Fachwissen, insbesondere über die einschlägigen Gesetze. Angehende Mitglieder der SBV haben im Rahmen von Seminaren und Schulungen die Möglichkeit, die erforderlichen Kenntnisse rund um die Eingliederung und Betreuung schwerbehinderter Menschen zu erlangen.

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