Arbeit und Beschäftigung

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Artikel 27 der UN-Be­hin­der­ten­rechts­kon­ven­tion beschreibt das Recht behinderter Menschen auf Arbeit auf der Grundlage der Gleichberechtigung mit anderen. Dieses Recht auf Arbeit schließt die Möglichkeit ein, den Lebensunterhalt durch Arbeit zu verdienen, die frei gewählt oder frei angenommen wird.

Gleichzeitig spricht die UN-Behindertenrechtskonvention in Artikel 27 die staatliche Pflicht aus, durch geeignete Schritte die Verwirklichung des Rechts auf Arbeit sichern und fördern. Dieser Regelungsgehalt wiederholt und bekräftigt das bereits in Artikel 6 Abs. 1 des UN-Sozialpakts für Jedermann gewährleistete Recht auf Arbeit, sowie die entsprechenden Regelungen in Artikel 11 der UN-Frauenrechtskonvention sowie in Artikel 23 Nr. 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.

Konkretisierend stellt Artikel 27 der UN-Be­hin­der­ten­rechts­kon­ven­tion fest, dass das Recht auf Arbeit für Menschen mit Behinderungen das Recht auf die Möglichkeit der Arbeit in einem offenen, einbeziehenden und zugänglichen Arbeitsmarkt und Arbeitsumfeld einschließt.

Zudem legt Artikel 27 der UN-Behindertenrechtskonvention fest, dass die dort geforderten geeigneten staatlichen Schritte auch Menschen umfassen sollen, die eine Behinderung während der Beschäftigung erwerben.

Die Vorschriften des Artikel 27 Absatzes 1 Buchstabe a bis k der UN-Behindertenrechtskonvention zählen beispielhaft auf, worauf die zu treffenden Maßnahmen zielen sollen. Eine Vielzahl dieser Maßnahmen greift Regelungen aus anderen zentralen UN-Menschenrechtsverträgen auf und bekräftigt sie nochmals für Menschen mit Behinderungen:

  • Nach Artikel 27 Absatz 1 Buchstabe a der UN-Behindertenrechtskonvention soll die Diskriminierung aufgrund einer Behinderung in allen Angelegenheiten von Beschäftigung und Beruf verboten werden.
  • Nach Artikel 27 Absatz 1 Buchstabe b der UN-Behindertenrechtskonvention soll das Recht von Menschen mit Behinderungen auf gerechte und günstige Arbeitsbedingungen, einschließlich gleichen Entgelts für gleichwertige Arbeit sowie sichere und gesunde Arbeitsbedingungen, gleichberechtigt mit anderen gefördert werden. Dies wiederholt und bekräftigt die Regelungen des Artikels 7 Buchstabe a und b des UN-Sozialpakts über gerechte Arbeitsbedingungen und des Artikels 23 Nr. 1 und 2 der Allgemeinen Erklärungen der Menschenrechte.
    Ergänzend nimmt Artikel 27 Absatz 1 Buchstabe b den Aspekt der Chancengleichheit sowie den Schutz vor Belästigungen und Abhilfe bei Missständen auf.
  • Nach Artikel 27 Absatz 1 Buchstabe c sollen behinderte Menschen gleichberechtigt mit anderen ihre Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsrechte ausüben können. Damit nimmt die UN-Behindertenrechtskonvention Regelungen des Artikels 8 des UN-Sozialpakts und des Artikels 23 Nr. 4 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte auf.
  • Nach Artikel Absatz 1 Buchstabe d soll der Zugang zu allgemeinen fachlichen und beruflichen Beratungsprogrammen, Stellenvermittlung sowie Berufsbildung und Weiterbildung ermöglicht werden. Grundlage dieser Vorschrift ist wiederum Artikel 6 Abs. 2 des UN-Sozialpakts.
  • Nach Artikel 27 Absatz 1 Buchstabe e der UN-Behindertenrechtskonvention sollen Beschäftigungsmöglichkeiten, beruflicher Aufstieg, Unterstützung beim Erhalt eines Arbeitsplatzes und beim Wiedereinstieg gefördert werden. Die Möglichkeiten für eine selbständige Beschäftigung sollen nach Artikel 27 Absatz 1 Buchstabe f gefördert werden. Artikel 27 Absatz 1 Buchstabe g schließlich sieht die Möglichkeit vor, dass Menschen mit Behinderungen im öffentlichen Sektor beschäftigt werden.
  • Mit Blick auf private Arbeitgeber sollen gemäß Artikel 27 Absatz 1 Buchstabe h geeignete Strategien und Maßnahmen, einschließlich positiver Maßnahmen, gefördert werden. Dabei soll – Artikel 27 Absatz 1 Buchstabe i – sichergestellt werden, dass am Arbeitsplatz angemessene Vorkehrungen für Menschen mit Behinderungen getroffen werden. Das Sammeln von Arbeitserfahrung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt soll ebenfalls – Artikel 27 Absatz 1 Buchstabe j – gefördert werden.
  • Artikel 27 Absatz 1 Buchstabe k sieht eine Förderung von Programmen für die berufliche Rehabilitation, den Erhalt des Arbeitsplatzes und den beruflichen Wiedereinstieg behinderter Menschen vor.

Artikel 27 Absatz 2 der UN-Behindertenrechtskonvention verbietet, dass Menschen mit Behinderungen in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden und schützt sie gleichberechtigt mit anderen vor Zwangs- und Pflichtarbeit. Diese Vorschrift wiederholt und bekräftigt die Regelungen von Artikel 8 des UN-Zivilpakts und Artikel 4 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.

Artikel 27 – Arbeit und Beschäftigung
(1) Die Vertragsstaaten anerkennen das gleiche Recht von Menschen mit Behinderungen auf Arbeit; dies beinhaltet das Recht auf die Möglichkeit, den Lebensunterhalt durch Arbeit zu verdienen, die in einem offenen, integrativen und für Menschen mit Behinderungen zugänglichen Arbeitsmarkt und Arbeitsumfeld frei gewählt oder angenommen wird. Die Vertragsstaaten sichern und fördern die Verwirklichung des Rechts auf Arbeit, einschließlich für Menschen, die während der Beschäftigung eine Behinderung erwerben, durch geeignete Schritte, einschließlich des Erlasses von Rechtsvorschriften, um unter anderem

  1. Diskriminierung aufgrund von Behinderung in allen Angelegenheiten im Zusammenhang mit einer Beschäftigung gleich welcher Art, einschließlich der Auswahl-, Einstellungs- und Beschäftigungsbedingungen, der Weiterbeschäftigung, des beruflichen Aufstiegs sowie sicherer und gesunder Arbeitsbedingungen, zu verbieten;
  2. das gleiche Recht von Menschen mit Behinderungen auf gerechte und günstige Arbeitsbedingungen, einschließlich Chancengleichheit und gleichen Entgelts für gleichwertige Arbeit, auf sichere und gesunde Arbeitsbedingungen, einschließlich Schutz vor Belästigungen, und auf Abhilfe bei Missständen zu schützen;
  3. zu gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen ihre Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsrechte gleichberechtigt mit anderen ausüben können;
  4. Menschen mit Behinderungen wirksamen Zugang zu allgemeinen fachlichen und beruflichen Beratungsprogrammen, Stellenvermittlung sowie Berufsausbildung und Weiterbildung zu ermöglichen;
  5. für Menschen mit Behinderungen Beschäftigungsmöglichkeiten und beruflichen Aufstieg auf dem Arbeitsmarkt sowie die Unterstützung bei der Arbeitssuche, beim Erhalt und der Beibehaltung eines Arbeitsplatzes und beim beruflichen Wiedereinstieg zu fördern;
  6. Möglichkeiten für Selbständigkeit, Unternehmertum, die Bildung von Genossenschaften und die Gründung eines eigenen Geschäfts zu fördern;
  7. Menschen mit Behinderungen im öffentlichen Sektor zu beschäftigen;
  8. die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen im privaten Sektor durch geeignete Strategien und Maßnahmen zu fördern, wozu auch Programme für positive Maßnahmen, Anreize und andere Maßnahmen gehören können;
  9. sicherzustellen, dass am Arbeitsplatz angemessene Vorkehrungen für Menschen mit Behinderungen getroffen werden;
  10. das Sammeln von Arbeitserfahrung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt durch Menschen mit Behinderungen zu fördern;
  11. Programme für die berufliche Rehabilitation, den Erhalt des Arbeitsplatzes und den beruflichen Wiedereinstieg von Menschen mit Behinderungen zu fördern.

(2) Die Vertragsstaaten stellen sicher, dass Menschen mit Behinderungen nicht in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden und dass sie gleichberechtigt mit anderen vor Zwangs- oder Pflichtarbeit geschützt werden.

Behinderte Menschen haben in der Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich ebenso wie Nichtbehinderte die grundrechtlich garantierte Möglichkeit, den Lebensunterhalt durch Arbeit zu verdienen, die frei gewählt oder angenommen wird (Artikel 12 Abs. 1 GG). Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden (Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG).

Daher gelten das Arbeitsrecht, das Arbeitsschutzrecht und auch das Grundrecht der Koalitionsfreiheit (Artikel 9 Abs. 1 GG) unabhängig vom Vorliegen einer Behinderung. Behinderte Menschen sind im Erwerbsleben vor Benachteiligungen wegen ihrer Behinderung geschützt (§ 7 i. V. m. § 1 AGG). Davon sind unmittelbare und mittelbare Benachteiligungen sowie Belästigungen umfasst. Der Schutz gilt schon bei der Stellenausschreibung und der Auswahl von Bewerberinnen und Bewerbern.

Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sind zudem verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz vor Benachteiligungen zu schaffen. Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot hat der Arbeitgeber den dadurch entstandenen Schaden zu ersetzen.

Für den Ausgleich behinderungsbedingter Nachteile gibt es verschiedene gesetzlich geregelte Nachteilsausgleiche. Zu nennen sind insbesondere die

  • Eingliederungszuschüsse sowie
  • Zuschüsse zu Probebeschäftigungen und Praktika,

die behinderte und schwerbehinderte Menschen entsprechend Art oder Schwere ihrer Behinderung von der Bundesagentur für Arbeit oder den Trägern der Grundsicherung für Arbeitssuchende erhalten können.

Für schwerbehinderte Menschen haben darüber hinaus die Integrationsämter der Länder die Möglichkeit, Leistungen zu erbringen, etwa bei außergewöhnlichen Belastungen oder zur behinderungsgerechten Gestaltung von Arbeitsplätzen. Diese Möglichkeiten bestehen auch für behinderte Menschen, die schwerbehinderten Menschen gleichgestellt sind. Eine Gleichstellung erfolgt, wenn die behinderten Menschen ohne die Gleichstellung aufgrund ihrer Behinderung einen geeigneten Arbeitsplatz nicht erlangen oder nicht behalten können.

Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mit 20 und mehr Beschäftigten sind verpflichtet, auf fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze schwerbehinderte oder gleichgestellte behinderte Menschen zu beschäftigen. Erfüllen sie diese Pflicht nicht, müssen sie eine Ausgleichsabgabe zahlen, deren Höhe je nach Erfüllungsgrad gestaffelt ist.

Öffentliche Arbeitgeber haben zusätzliche Pflichten. Insbesondere haben sie frei werdende und neu zu besetzende Stellen frühzeitig an die Agenturen für Arbeit zu melden und schwerbehinderte Menschen, die sich bewerben, grundsätzlich zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen.

Auch Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf soll ermöglicht werden, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu arbeiten. Dies ist möglich, wenn man ihre individuellen Bedürfnisse an Unterstützung konsequent in den Mittelpunkt stellt und ihnen Möglichkeiten für die Teilhabe am Arbeitsleben unter Beachtung ihres Wunsch- und Wahlrechts schafft.

Das Dienstrecht in Deutschland liegt in der Zuständigkeit von Bund, Ländern und Kommunen. Das Beamtenrecht des Bundes sowie das Tarifrecht für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Bundes berücksichtigt das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Arbeit und Zugang zum öffentlichen Dienst.

So bestimmt § 8 Abs. 1 Bundesbeamtengesetz (BBG), dass die Auslese von Bewerbern nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf eine Behinderung vorzunehmen ist. Dem stehen nach § 8 Abs. 1 Satz 2 BBG gesetzliche Maßnahmen zur Förderung von schwerbehinderten Menschen nicht entgegen. § 13 der Bundeslaufbahnverordnung konkretisiert dieses gesetzliche Gebot, indem bestimmt wird, dass von schwerbehinderten Menschen bei der Einstellung, Anstellung und Beförderung nur ein Mindestmaß an körperlicher Eignung verlangt werden darf.

Bei der Beurteilung der Leistung schwerbehinderter Menschen ist eine etwaige Minderung der Arbeitsfähigkeit und Verwendungsfähigkeit durch die Behinderung zu berücksichtigen.

Das Bundesbesoldungsrecht soll den Belangen behinderter Beamter ebenfalls Rechnung tragen: Nach § 3 Abs. 1 Bundesbesoldungsgesetz steht Beamten des Bundes eine Besoldung zu, die sich nach dem verliehenen Amt richtet. In der Besoldungsordnung sind gleichwertige Ämter jeweils in derselben Besoldungsgruppe zusammengefasst. Damit ist sichergestellt, dass für gleichwertige Ämter gleiches Entgelt gezahlt wird. Behinderte Beamtinnen und Beamte werden, genau wie nicht behinderte Beamtinnen und Beamte, nach dem verliehenen Amt bezahlt.

Der Schutz des Rechtes behinderter Menschen auf gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit ist für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Bundes durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und die ihn ergänzenden Tarifverträge gewährleistet. Die Regelungen zum monatlichen Tabellenentgelt erfassen die Tarifbeschäftigten ohne Einschränkungen mit der Folge der Entgeltgleichheit für alle. Die diskriminierungsfreie Teilhabe behinderter Menschen an der zusätzlichen variablen und leistungsorientierten Bezahlung (Leistungsentgelt) trotz möglicher Leistungsminderungen ist gesichert durch die ausdrückliche Bestimmung, dass leistungsgeminderte Personen hiervon nicht ausgenommen werden dürfen und eine durch die Behinderung bedingte Minderung der Arbeitsleistung angemessen zu berücksichtigen ist.

Nach § 91 BBG haben die Beamten das Recht aufgrund der Vereinsfreiheit, sich in Gewerkschaften oder Berufsverbänden zusammenzuschließen. Sie können die zuständigen Gewerkschaften oder Berufsverbände mit ihrer Vertretung beauftragen. Wegen der Betätigung für eine Gewerkschaft oder einen Berufsverband darf niemand dienstlich gemaßregelt oder benachteiligt werden. Diese Regelung ist ein hergebrachter Grundsatz des Beamtentums i. S. v. Art. 33 Abs. 5 GG und gilt in gleichem Umfang für Menschen mit Behinderungen. Für den Beamtenbereich gilt der Grundsatz „Rehabilitation vor Versorgung“, der Maßnahmen zum Erhalt des Arbeitsplatzes, zur Weiterverwendung bei gesundheitlichen Beeinträchtigungen bzw. zur Wiedereingliederung nach Wiederherstellung der Dienstfähigkeit vorsieht.

Der in der Behindertenrechtskonvention ebenfalls vermerkte Schutz behinderter Menschen vor Zwangsarbeit ergibt sich in Deutschland bereits aus Artikel 12 Abs. 3GG.

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